Die Begriffe Toleranz, Freiheit und Demokratie waren bei der Gedenkfeier am Samstag (27.01.) Schlüsselbegriffe. Zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hatte Bürgermeister Werner Arndt in den Ratssaal eingeladen und dort u.a. einen gemeinsamen Blick auf die Werte Europas geworfen. Zirka 180 interessierte Bürgerinnen und Bürgern, Vertretern aus der Politik, von Vereinen und Gemeinden folgten der Einladung des Bürgermeisters.
„Mit der Gedenkstunde setzen wir gemeinsam ein Zeichen. Wir bekunden, dass wir die nationalsozialistischen Gräueltaten und ihre Opfer nicht vergessen haben, und wir bekunden auch, welche Werte heute für uns zählen.“, fasste Bürgermeister Werner Arndt die Bedeutung von Gedenktagen zusammen. Die Zeit des Nationalsozialismus sei keineswegs ein „Vogelschiss in der Geschichte“, vielmehr ermahne sie dazu, die Verantwortung für die Zukunft zu erkennen und zu übernehmen: „Wir wollen in einem demokratischen Europa leben, das auf freiheitlichem Denken und Handeln fußt.“
Wie Kunstwerke beim Erinnerungsprozess helfen können, erläuterte Dr. Jörn Wendland und gab damit den fachlichen Impuls zum diesjährigen Thema der Gedenkfeier „Für heute – Kunst aus dem Grauen“. Der Kulturwissenschaftler sprach in seinem Vortrag über die Entstehungsbedingungen und Funktionen von Zeichnungen, die Häftlinge in Konzentrationslagern angefertigt haben. Zuvor hatte er in einem Workshop Bilder des tschechisch-jüdischen Künstlers Alfred Kantor zusammen mit SchülerInnen des Hans-Böckler-Berufskollegs näher betrachtet.
Ganz still im Saal wurde es, als die 89-jährige Halina Birenbaum ans Mikrophon tritt. Sie lebt in Marls israelischer Partnerstadt Herzliya und überlebte den Holocaust. Die aktive Arbeit gegen das Vergessen hat sie seither zu ihrer Lebensaufgabe gemacht. Sie verlas bei der Gedenkfeier zwei ihrer selbst verfassten Gedichte und bewegte damit die Herzen der Gäste. Halina nennt sich selbst einen „Beweis“ für starken Überlebenswillen und die Hoffnung auf Menschlichkeit.
Weitere Mitwirkende der Veranstaltung waren SchülerInnen des Leistungskurses Geschichte am Gymnasium im Loekamp (GiL) überzeugt. Sie erzählten die bewegende Lebens- und Leidensgeschichte der jüdischen Familie Boldes aus Marl-Hüls. Ulla Fries-Langer von der Initiative „Marler Wege zum Frieden“ und Cengiz Caliskan, Vorsitzender des Integrationsrates Marl, erinnerten die Zuhörer daran, dass Rassismus und die Unterdrückung von Minderheiten leider auch heute noch von hoher Aktualität sind.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von der Marler Sacro-Pop-Band Soma. Die Band begleitete ebenfalls den ökumenischen Gottesdienst, zu dem die beiden Pfarrer Herbert Roth und Ulrich Walter vor der Gedenkstunde eingeladen hatten. Ein herzliches Dankeschön geht an das Organisationsteam des Gedenktages um Jennifer Radscheid (VHS Marl).