Das deutsche Grundgesetz ist die geltende Verfassung der Deutschen und damit die rechtliche und politische Grundordnung der Bundesrepublik. Beschlossen wurde das Grundgesetz am 23. Mai 1949, einen Tag später trat es in Kraft. Bürgermeister Werner Arndt erinnerte heute (23.05.) an die Verkündung des Grundgesetzes vor genau 70 Jahren. Arndt erinnerte dabei an Marls ehemaligen Bürgermeister Rudolf Heiland als einen der „Väter des Grundgesetzes“ gewürdigt. Gemeinsam mit Ratsmitgliedern, interessierten Bürgern und Schülern des ASGSG hisste der Bürgermeister zur Feier des Tages die Deutschlandflagge vor dem Rathaus.
Für die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5a des Albert-Schweitzer/Geschwister-Scholl Gymnasiums (ASGSG) mit ihrer Politik-Lehrerin Silvia Frank war die Veranstaltung ein zusätzliches Highlight neben der Rathausführung und den Besuch beim Bürgermeister. Sie nahmen am kleinen Festakt spontan teil und erfuhren dabei, wie eng die Entstehung des Grundgesetzes und der demokratische Neubeginn nach dem zweiten Weltkrieg mit der Geschichte der Stadt Marl verknüpft ist.
Zu den politisch unbescholtenen Frauen und Männern des Parlamentarischen Rates, der im Auftrag der damals jungen Bundesländer das Grundgesetz intensiv beraten hatte, gehörte auch der ehemalige Bürgermeister Rudolf Heiland (* 08.09.1910 in Hohndorf, † 06.05.1965 in Marl). Er hatte, so Arndt, die nationalsozialistische Terrorherrschaft wegen seiner politischen Überzeugung am eigenen Leibe erfahren. Im Jahr 1936 verhafteten ihn die Nationalsozialisten wegen angeblichen Hochverrats und verurteilten ihn zu einer zweieinhalbjährigen Zuchthausstrafe.
„Mit dem Grundgesetz haben Rudi Heiland und die Mitglieder des Parlamentarischen Rates vor allem uns Nachgeborenen, die wir die grauenhafte Nazi-Zeit nicht erleben mussten, ein Geschenk von unschätzbarem Wert gemacht“, erklärte Arndt in seiner Ansprache. Der Parlamentarische Rat habe in klarer, verständlicher und ausdrucksstarker Sprache unumstößliche Grundrechte formuliert. So sage zum Beispiel der Artikel 1 („Die Würde des Menschen ist unantastbar“), dass der Schutz der Menschenwürde unbedingt gelte: unabhängig von der Herkunft, vom Geschlecht, der Religion, unabhängig von politischen Überzeugungen und sexuellen Ausrichtungen. Arndt: „Darauf kann man in diesen Zeiten nicht nachdrücklich genug hinweisen“.
Ebenso eindeutig stelle das Grundgesetz auch die Meinungs- und Pressefreiheit unter Schutz. Die Freiheit, seine Auffassungen öffentlich zu äußern, sei so weit gefasst, dass sie auch die Kritik an der Meinungs- und Pressefreiheit einschließe. „Unsere Demokratie ist gefestigt und stark genug, um auch die Kritik derer zu ertragen, die sie nicht wertschätzen“, sagte Arndt. Für ihn ist das Grundgesetz „eine hervorragende Gebrauchsanleitung für ein friedliches und glückliches Zusammenleben aller Menschen in unserem Land“. Und sicherlich habe das Grundgesetz „auch noch Platz für einen weiteren schönen Satz, mit dem auch die Kinderrechte festgeschrieben werden“.
Die Freiheiten, die das Grundgesetz schütze, müssten immer wieder verteidigt, neu errungen und weiterentwickelt werden. Arndt schloss seine Ansprache daher mit der Aufforderung: „Lassen Sie uns gemeinsam intensiv Gebrauch machen von der Freiheit, die unser Grundgesetz uns ermöglicht. Nutzen wir jede Möglichkeit, unsere Stimme für Freiheit und Demokratie einzusetzen – zu jeder Zeit und selbstverständlich auch bei den Europawahlen am Sonntag“. Für die Kinder der Klasse 5a endete ein spannender Besuchs- und Informationstag im Marler Rathaus.