Zum Auftakt der VHS-Veranstaltungsreihe „Marler Klima-Perspektiven“ konnte Bürgermeister Werner Arndt am Freitagabend Professor Dr. Frithjof Küpper begrüßen. Sein Vortrag „Weltweiter Klimawandel – und Denkanstöße für lokales Handeln in Marl“ fand ein sehr reges Interesse bei den Marlerinnen und Marlern, gut 120 interessierte Gäste kamen in den Saal P1 der insel-VHS an der Wiesenstraße.
Seit 2012 leitet der weltweit anerkannte Meeresbiologe und Klimaforscher den Lehrstuhl für Marine Biodiversität der University of Aberdeen (Schottland). Küppers Familie kommt aus Marl-Drewer, das Abitur hat er einst am Geschwister-Scholl-Gymnasium (heute: ASGSG) gemacht. Mit Bruder Hendrik und Martin Spiller gewann er einst den Europawettbewerb von Jugend forscht! So überraschte es nicht, dass auch einige seiner ehemaligen Lehrer unter den Gästen waren.
Seit Beginn der Industrialisierung steigt der CO2-Gehalt stark an und ist jetzt höher denn je in den letzten 800.000 Jahren Erdgeschichte. Das liegt vor allem an der Nutzung fossiler Brennstoffe und an Änderungen der Landnutzung durch Abholzung und Trockenlegen von Mooren, beschrieb Küpper die weltweite Problemlage. Zu CO2 kommen als Verursacher des Treibhauseffekts noch andere klimaaktive Gase wie Methangas, N2O und FCKWs / FKWs dazu.
Daraus ergibt sich die messbare Klimaerwärmung und die gefährliche Ozeanversauerung. Diese Effekte konnte Küpper bei seinen Forschungsreisen in die Polargebiete, nach Falkland, ins Mittelmeer und nach Kuweit wissenschaftlich belegen, wie auch andere Forschungsteams ebenso. Besonders in der Arktis sei der Klimawandel sehr real und er verlaufe schneller als anderswo auf der Erde. Sehr deutliche Veränderungen habe es in den letzten 20 Jahren gegeben, so der Biologe.
„Der Klimawandel ist die zentrale Schicksalsfrage für das Fortbestehen der Zivilisation und des Lebens auf der Erde, wie wir es kennen und brauchen“ so ein Fazit von Professor Küpper. Folgen des Klimawandels seinen zunehmende Wetterextreme, der Anstieg des Meeresspiegels und Sekundärfolgen wie Dürre, Waldbrände, Migration zahlreicher Pflanzen- und Tierarten, Verlust von menschlichen Siedlungsräumen sowie extrem hohe gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten. Die Welt sei derzeit nicht auf dem Weg, den Klimawandel auf 1.5°C zu begrenzen, so der Forscher.
Professor Küpper machte den Zuhörern aber auch Hoffnung, noch könne man wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen. Da die Produktion von Elektrizität etwa 42% der globalen CO2-Emissionen verursache, fordert er die Energiewende. Der Kohleausstieg müsse in den nächsten 10 Jahren gelingen weltweit, so Küpper weiter. Weiter müssen der Einsatz von „Power-to-Gas“ (klimaneutraler Erdgasersatz) und „Power-to-Liquid“ (synthetische Brennstoffe) vorangetrieben werden, der Viehbestand müsse reduziert werden durch weniger Fleischkonsum! Und: eine massive Aufforstung weltweit sei notwendig.
Lobend äußerte sich der Klimaforscher über das Marler Klimaschutzkonzept 2014, es sei „detailliert, überzeugend und vorbildlich“ so Küpper. Er begrüße die geplante Fortschreibung mit Bürgerbeteiligung. Weiter begrüßte Frithjof Küpper die geplante Gründung von Stadtwerken in Marl. Diese müsse man zur CO2-neutralen Strom- und Wärmeversorgung nutzen, so Küpper. Auch die Beratung von Besitzern existierender Häuser und einen effektiveren Baumschutz sind seine Empfehlungen für Marl. Viele Themen habe die Stadtverwaltung bereits richtig erkannt. Lob gab es auch für den Chemiepark, er sei Teil der Lösung des Problems, so Professor Küpper.
Beim interessierten Publikum kam der über zweistündige Vortrag mit anschließender Diskussion gut an. Neben Bürgermeister Werner Arndt waren weitere für diese Fragen Verantwortliche der Stadtverwaltung anwesend: Baudezernentin Andrea Baudek, Umwelt-Amtsleiterin Brigitte Heermann und Klimaschutzbeauftragter Michael Klement, Sozialdezernentin Claudia Schwidirk-Grebe und Kulturamtsleiter Andreas Steinberg. Mit dabei auch einzelne Vertreter von SPD, WG Die Grünen und B90/Grüne. Weitere Parteien fanden an diesem Abend leider nicht den Weg zur VHS nach Drewer.