In Marl gibt es zirka 700 Straßen mit namentlicher Kennung. Viele Straßen tragen Namen nach Pflanzen, Blumen, Landsmannschaften, Vögeln oder anderen Tieren. Andere reflektieren Marls Nachbarorte wie Halterner-, Recklinghäuser- oder Hervester Straße.
Gut 175 Straßen tragen Namen von Menschen, die man kennt oder die man nicht kennt und die meist ungewollt Marler Schild-Bürger wurden. Darunter Naturwissenschaftler und Techniker, Dichter, Staatsmänner und Politiker, Komponisten oder Maler wie etwa Robert-Bunsen-Straße, Boschstraße, Friedrich-Ebert-Straße, Mozartstraße oder Lucas von Cranach-Straße. Einige Straßenschilder allerdings zieren Namen verdienter Marler Bürger*innen.
Heute begab der Marler Seniorenbeirat auf Initiative seines Vorsitzenden Klaus Kahl auf heimatkundliche Spurensuche. Mit dem Reisebus ging es für 40 Senioren*innen gut 90 Minuten kreuz und quer durch die Stadt. Als fachkundiger Reiseleiter hatte sich Bürgermeister Werner Arndt zur Verfügung gestellt, der die jeweiligen Namensträger und ihr Lebenswerk vorstellte.
Sicher sind die Namensgeber für die Willy-Brandt-Allee, die Goethestraße, den Konrad-Adenauer-Platz oder die Marie-Curie-Straße wohlbekannt. Nach welchen Personen sind aber Oelmüllers Feld, die Barkhaus-, die Julie-Kolb-, die Victoria- oder die Wilhelm-Wemmer-Straße benannt worden? Wer waren Otto Hue, Kaspar Grove oder Karl Breuing?
Insgesamt 51 Straßennamen wurden während der Tour vom Bürgermeister beschrieben, die jeweiligen Personen vorgestellt. Auf Nachfrage wurde klar, dass die „Arndtstraße“ in Marl-Hüls weder nach dem Schriftsteller Ernst-Moritz von Arndt, noch nach dem aktuellen Bürgermeister benannt wurde. Namensgeber war der Bergingenieur Karl-Otto-Heinrich Arndt, ehemals Grubenverwalter der Zeche Recklinghausen II.
Auf viel Interesse stießen die Erklärungen zur Josefa-Lazuga-Straße. Josefa Lazuga war eine aus Polen verschleppte junge Frau, die bei der CWH als Zwangsarbeiterin eingeteilt war. Sie wurde am 31.8.1944 entlassen und in das IG-Farbenwerk nach Auschwitz überstellt. Das Thema „Zwangsarbeiter in Marl“ wurde 40 Jahre später zu einem Politikum. Nach endlosen Debatten beschloss der Rat 1984, im Gedenken an das Schicksal vieler Zwangsarbeiter in Marl, die Rathausallee in Josefa-Lazuga-Straße umzubenennen.
Nach so viel Heimatkunde stand den Senioren am Ende der Reise der Sinn nach Kaffee und Kuchen. Im Cafe Tudyka wurde Kaffee satt und frische Käse-Sahne-Torte serviert – das kam gut an! Der Familienbetrieb Tudyka wird übrigens in dritter Generation seit genau 50 Jahren in Marl-Hüls betrieben. Das war der Reisegruppe ein kräftiges „Happy Birthday“ wert!