An einen Tag mit schwülwarmer Hitze auf Rekordtemperatur fand Mittwochvormittag die 1. Schülerklimakonferenz statt. Fast ein Appell des Wetters, endlich wirksame Maßnahmen gegen Erderwärmung und Klimawandel zu ergreifen. Über 50 Schülerinnen und Schüler entwickelten zahlreiche praktische Ideen, wie jeder allein oder gemeinsam mit anderen etwas für den Klimaschutz bewirken kann.
Bürgermeister Werner Arndt, der die Konferenz gemeinsam mit ASGSG-Schülersprecherin Sophia Winzbeck eröffnete, konnte jeweils acht Schüler*innen der weiterführenden Schulen von der Förderschule bis zum Gymnasium im Rathaus begrüßen. Mit der Veranstaltung löste er ein politisches Versprechen ein, das er bei der „Fridays For Future“-Demonstration im März gegeben hatte – gut so! Dafür erhielt der Bürgermeister das Lob der Schülervertreter.
In sieben Arbeitsgruppe befassten sich die jungen Teilnehmer*innen damit, wie man vor allem lokal in den Bereichen Energie, Industrie und Gewerbe, Konsum, Ernährung, Gebäude, Abfall und Mobilität zum Klimaschutz beitragen kann. Als Gesprächspartner standen den Jugendlichen ausgewiesene Fachleute des Chemieparks Marl, der Verbraucherberatung, des Naturschutzbundes (NABU), der Marler Kleingärtner und des Imkervereins, der EnergieAgentur NRW und der städtischen Abfallberatung sowie der städtische Klimaschutzmanager Michael Klement zur Verfügung.
Zu Beginn der Konferenz hielt Meeresbiologe und Klimaforscher Prof. Frithjof C. Küpper von der Universität Aberdeen (Schottland) einen vielbeachteten Impulsvortrag. Laut Küpper stehe die Welt derzeit an einem Scheideweg: „Der Klimawandel ist die zentrale Schicksalsfrage für die Zivilisation, und die nächsten Jahre sind dabei entscheidend.“ Um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, müssten die CO2-Emissionen massiv gesenkt werden. Besonders die Stromerzeugung habe einen großen Anteil an den schädlichen Treibhausgasen. Erneuerbare Energien seien heutzutage eine praktikable und inzwischen bezahlbare Alternative zu fossilen Brennstoffen und müssen weiter gefördert und genutzt werden, so Küpper. Besonders die weltweite Verstromung von Stein- und Braunkohle sah er sehr kritisch.
Küpper, der einst als Schüler sein Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium baute und den Wettbewerb „Jugend forscht“ auf allen Ebenen gewann, gab aber auch Hoffnung: „Die Lage ist nicht aussichtslos, aber wir müssen jetzt handeln“, betonte er. Frithjof Küpper zeigte sich sehr erfreut darüber, dass der Klimawandel „endlich das Topthema im öffentlichen Bewusstsein“ geworden ist. An die anwesenden Schüler*innen gewandt ermutigte er die Jugendlichen: „Ihr seht, euer Protest für den Klimaschutz ist sinnvoll. Macht weiter so, setzte euch lautstark, aber friedlich für unsere Umwelt ein“. Das Marler Klimakonzept lobte Küpper als vorbildlich, aber es zu wenigen Bürgern bekannt.
Die Reihe der Anregungen und Vorschläge, die die Schüler*innen in den anschließenden Workshops formulierten, zeigen: Es gibt in der Tat viele Möglichkeiten, selbst etwas zum Schutz des Klimas zu leisten. Etwa, indem man für den Einkauf eigene Taschen statt Plastiktüten nutzt und Geräte reparieren lässt statt neue zu kaufen. Oder indem man mit dem Anlegen von Beeten die Artenvielfalt verbessert oder mit dem Ausbau von Schulgärten die Wertschätzung für Lebensmittel erhöht und den sparsamen Umgang mit ihnen fördert. Auch die verstärkte Nutzung von Bus und Bahn entlaste das Klima. Auch ein fleischloser Veggie-Tag an den Schulen wurde angeregt.
Deutlich wurde in der Diskussion aber auch, dass auch auf anderen Ebenen wichtige Weichen gestellt werden müssen: zum Beispiel für die Nutzung von Sonnen- und Windenergie, für bessere Verbindungen im Öffentlichen Personennahverkehr sowie für eine angemessene Preisgestaltung für das Schülerticket, oder auch mit dem Lückenschluss im Radwegenetz und mit dem Pflanzen von mehr Straßenbäumen.
„Wir wollten nicht nur über Klimaschutz reden, sondern auch Perspektiven für das eigene Handeln entwickeln. Dieses Ziel haben wir heute erreicht“, sagte Fatima Deniz, Schülersprecherin am Gymnasium im Loekamp. Sie hatte auf Wunsch des Bürgermeisters gemeinsam mit Lehrer Norbert Schulz (ASGSG) die Veranstaltung moderiert. Klar wurde auch, dass die Teilnehmer*innen die Konferenz auch dazu genutzt haben, Kontakte zu Ansprechpartnern zu knüpfen. In Zukunft wollen die Schüler*innen weitere Workshops in ihren Schulen organisieren und das Thema vertiefen.
Alle Ergebnisse, Anregungen und Vorschläge werden von Klimaschutzmanager Michael Klement dokumentiert und für die geplante Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Marl berücksichtigt. Bürgermeister Werner Arndt regte an, für jede Schülervertretung einen „Klimawächter“ benennt, der an der Umsetzung der Konferenzergebnisse mitwirken soll. Sein Ziel ist es, mehr Jugendliche an Entscheidungsprozessen für lokale Themen teilhaben zu lassen.
Der Bürgermeister kündigte auch bereits das nächste Klima-Projekt an: „Heute war der Auftakt, die Diskussion geht weiter“. So soll es demnächst in Zusammenarbeit mit der insel-VHS eine Ringvorlesung geben, in der Klimathemen mit ausgewiesenen Experten und engagierten Akteuren erörtert werden. Mit Prof. Dr. Frithjof Küpper hat ein prominenter Redner bereits zugesagt. Dazu hatte der Marler Stadtrat auf Initiative von SPD und LINKEN kürzlich beschlossen, das vorhandene Klimakonzept fortzuschreiben und dabei die Bürgerschaft breit zu beteiligen. Zum Abschluss der Klimatagung pflanzten Teilnehmer*innen gemeinsam mit Professor Frithjof Küpper und Werner Arndt einen Birnenbaum auf der Grünfläche vor Wohnen West, unweit des Rathauses.