Der sehr geschätzte Marler Mitbürger Rolf Abrahamson feierte gestern seinen 95. Geburtstag. Erste persönliche Gratulanten waren Landrat Cay Süberkrüb und selbstverständlich Bürgermeister Werner Arndt. Auch einige langjährige Freunde und Weggefährten sowie die Familie waren dabei. Dem Geburtstagskind geht es dem Alter entsprechend recht gut, sein besonderer und bisweilen sarkastischer Humor ist immer noch sehr ausgeprägt und ungebrochen.
Rolf Abrahamsohn ist weit und breit der letzte noch lebende Zeuge des größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte. Er hat insgesamt fünf Konzentrationslager und das jüdische Getto in Riga (Lettland) überlebt.
In der Loestraße in Alt-Marl hatte die Familie ein kleines Textilgeschäft. Vater Arthur Abrahamson hatte als Soldat im Ersten Weltkrieg gekämpft. Sein Sohn Rolf besuchte die evangelische Schule in Marl-Brassert – bis zum 9. November 1938. In der Reichspogromnacht war er 13 Jahre alt und ab diesem Datum änderte sich sein Leben schlagartig. Das Geschäft seiner Eltern stand in dieser Nacht in Flammen und der Vater der Familie wurde von der SA schwer verletzt. Zwei Wochen später folgte für seine Familie die Umsiedlung in die „Judenhäuser“ nach Recklinghausen.
Am 24. Januar 1942 begann für Rolf Abrahamson die grauenhafte und unmenschliche Deportation in den Osten: im Jugendalter ins Rigaer Ghetto, dann nach Kaiserwald, Stutthof und Buchenwald, in das Bochumer Außenlager und nach Theresienstadt. Als die Rote Armee Theresienstadt und Rolf Abrahamson befreite, war er 20 Jahre alt und der einzige Überlebende seiner Familie.
Nach 1945 erfolgte die Rückkehr nach Marl, der Stadt, in der sein Leidensweg begonnen hatte, er zog in sein Elternhaus nach Alt-Marl. Er wanderte nicht nach Israel oder in die USA aus, wie viele andere Überlebende des Holocaust. Als Zeitzeuge hat Rolf Abrahamson insbesondere immer wieder jungen Menschen in Marl und in der Region von seinen schrecklichen Erlebnissen berichtet, dafür sind wir ihm unendlich dankbar.