In der vergangenen Nacht haben unbekannte Täter einen Brandanschlag auf zwei Autos (Privat-PKW, Wahlkampfbulli) der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering (SPD) verübt. Die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Die Polizei suchte unter anderem mit einem Hubschrauber und einem Hundeführer nach zwei flüchtigen Verdächtigen. Unklar ist bislang, ob die Tat politisch motiviert ist, der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Die 37-jährige Michelle Müntefering sitzt seit 2013 im Bundestag, sie vertritt als Direktkandidatin den Wahlkreis Herne/Bochum II. Sie ist unter anderem Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe. Am 4. Mai 2017 war die sympathische Bundespolitikerin auf Einladung von Bürgermeister und Vereinsvorsitzenden Werner Arndt Gast im Städtepartnerschaftsverein Marl-Kusadasi e.V. und berichtete dort zur aktuellen Lage in der Türkei. Gut 50 Interessierte kamen damals zum Vortrag und lernten die SPD-Politikerin als sehr offene und zugehende, bürgernahe Fachfrau kennen.
„Ich bin entsetzt über die hohe kriminelle Energie, die sich hier auf offener Straße entzündet“, sagt Müntefering auf ihrer Facebook-Seite.
Auch ich bin entsetzt, welche Ausmaße politische Anfeindungen inzwischen annehmen können. Diese Tat ist ein schweres Verbrechen, bei dem Schlimmeres ausdrücklich billigend in Kauf genommen wurde. Ein Brandanschlag ist kein „dummer Jungen-Streich“, bei dem der Kanzlerin ein Schnurbart aufs Wahlplakat gemalt wird oder Martin Schulz eine Sonnenbrille. Derartige Taten sollen gezielt einschüchtern und kritische Politiker mundtot machen. Besonders im Vorfeld von Wahlen zielen solche Angriffe auch auf das demokratische System insgesamt. Bleibt zu hoffen, dass sich unsere Demokratie wehrhaft zeigt, die Täter ermittelt und betraft werden. Jetzt heißt es zusammenrücken, unterhaken und als Demokrat Flagge zeigen!
Sehr gut gefallen hat mir ein Facebook-Kommentar der jugendlichen Lisa Krüger, dem ich gerne zustimmen möchte: „Wenn der Hass hochquillt, Leute diffamiert werden, Hab und Gut beschädigt wird – dann zeigt ein kleiner Teil der Gesellschaft sein wahres Gesicht – seit jeher haben wir Sozialdemokraten gegen Demokratiefeinde und Menschenhasser gekämpft – mit Worten, mit gewaltfreien Taten, mit Überzeugung.“
Ich hoffe, dass sich Michelle Müntefering durch diese schlimme Tat nicht beeindrucken lässt und unbeirrt ihren Weg weitergeht. Für den Wahlkampf wünsche ich ihr ausdrücklich alles Gute und viel Erfolg. Ihr und ihrer Familie gilt meine Solidarität in dieser Stunde. Parteiübergreifend muss klar sein: politische Gewalt ist ausdrücklich zu verurteilen und zwar gemeinsam als Zivilgesellschaft – dies ist nicht nur eine Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden.
Leider muss zuletzt immer häufiger von Attacken gegen Politiker berichtet werden, besonders Lokalpolitiker und Bürgermeister und schwerpunktmäßig im Osten der Republik geraten dabei in den Fokus. 2015 wurden nach Angaben des Innenministeriums fast 39.000 entsprechende Straftaten registriert. Der überwiegende Teil der Straftaten (ca. 70%) erfolgte 2015 dabei von rechts, linke Straftaten wurden in weit geringerer Zahl gemeldet. Schlimme Hasskommentare im Netz, etwa bei Facebook, müssten eigentlich noch dazu gerechnet werden.
Gebrannt hat es in Herne übrigens schon einmal: Bereits Mitte Mai waren zwei Wahlkampffahrzeuge des CDU-Landtagskandidaten Sven Rickert in Herne ausgebrannt. Auch von diesen Tätern fehlt bislang jede Spur…