Am 27. Januar vor 78 Jahren wurde das KZ Auschwitz befreit, heute wurde daher im Rahmen einer Gedenkveranstaltung in der Aula der Scharounschule der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Vor allem die Schülerinnen und Schüler, die sich an diesem Abend beteiligten, beeindruckten mit ihren bewegenden Beiträgen. Pia Kretschmann (Querflöte) und die „Music forever AG“ (ASGSG) begleiteten den Abend einfühlsam mit Musikstücken.
In meiner Gedenkrede erinnerte ich als Bürgermeister an den Marler Mitbürger und Zeitzeugen Rolf Abrahamsohn. Sein Vater Arthur besaß auf der Loestraße in Alt.Marl ein kleines Textilgeschäft. In der Reichspogromnacht (9.11.1938) war Rolf 13 Jahre alt und ab diesem Datum änderte sich sein Leben schlagartig. Das Geschäft seiner Eltern stand in dieser Nacht in Flammen und der Vater der Familie wurde von der SA schwer verletzt. Zwei Wochen später folgte für seine Familie die Umsiedlung in die „Judenhäuser“ nach Recklinghausen.
Am 24. Januar 1942 begann für Rolf Abrahamson die grauenhafte und unmenschliche Deportation in den Osten: Mit 15 Jahren ins Rigaer Ghetto, dann nach Kaiserwald, Stutthof und Buchenwald, in das Bochumer Außenlager und nach Theresienstadt. Als die Rote Armee Theresienstadt und Rolf Abrahamson befreite, war er 20 Jahre alt und der einzige Überlebende seiner Familie. Nach seiner Rückkehr suchte er immer wieder das Gespräch mit jungen Menschen, um über seine Erinnerungen zu sprechen und zu mahnen. Er verstarb am 23.12.2021.
Mit einer Videobotschaft beteiligte sich Halina Birenbaum an der Gedenkfeier. Auch sie überlebte die Gräueltaten der Nazis als junges Mädchen im KZ und lebt heute in Marls Partnerstadt Herzliya/Israel. „Mit meinem Herzen bin ich bei euch – Shalom nach Marl aus Herzliya“ grüße sie die Gäste der Veranstaltung. Anschließend gab es Beiträge der Antirassismus-AG des ASGSG und ein Interview über eine Begegnung mit Rolf Abrahamsohn der Q2 der WBG/MLK. Zwei Jugendliche der Kulturmäuse verlasen einen Brief an den verstorbenen Zeitzeugen und der LK Geschichte (Q2) des GIL berichtete eindrucksvoll über einen Besuch im KZ Buchenwald.
Vor der Gedenkfeier gab es einen ökumenischen Gottesdienst mit Pfarrer Roland Wanke (ESM) und Pastoralreferent Dr. Philipp Winger. Das Schlusswort der Gedenkfeier sprach der Vorsitzende des Integrationsrates Cengiz Caliskan. Ich möchte mich als Bürgermeister bei allen Beteiligten sehr herzlich für die wertvollen Beiträge zur Erinnerungsarbeit bedanken und bei Jennifer Radscheid (Stadt Marl) für die Organisation der Veranstaltung. Die gut 250 Gäste in der Aula durften eine sehr bewegende Gedenkfeier erleben.