In der letzten Woche war ich für drei Tage auf Einladung im englischen Pendle. Diese Stadt befindet sich auf keiner Landkarte: die Orte Nelson, Colne, Barnoldswick, Earby, Brierfield, Fence, Trawden und Foulridge bilden das „Borough of Pendle“ mit knapp 100.000 Einwohnern. Namensgeber war der Pendle-Hill, die höchste und sagenumwobene Erhebung dieses Gebietes. Die Hexenprozesse von Pendle im Jahr 1612 gehören zu den bekanntesten Ausbrüchen von Hexenverfolgung in der englischen Geschichte.
Begrüßt wurden wir am Flughafen Manchester von Bürgermeister Mohammad Aslam höchstpersönlich. Er ist Ratsmitglied der Conservative Party und für ein Jahr ehrenamtlicher Bürgermeister von Borough of Pendle. Pendle liegt im Osten der Grafschaft Lancashire, Verwaltungssitz ist die Stadt Nelson. Die Leitung der Verwaltung obliegt dort einem hauptamtlichen Stadtdirektor. Eine Kommunalordnung, wie man sie bis 1999 auch in NRW kannte. Gleichzeitig vor Ort war eine Gruppe aus der gemeinsamen Partnerstadt Creil (F) um Bürgermeister Jean-Claude Villemain (PS).
Nach einem Rundgang im historischen Rathaus zu Nelson tauschten wir uns über Fragen der künftigen Zusammenarbeit aus. Austausche und Begegnungen sollen weiterhin auf allen Ebenen durchgeführt werden. Für Herbst 2025 ist etwa ein Berufspraktikum geplant, an dem Jugendliche aus Marl, Creil und Pendle gemeinsam teilnehmen. Außerdem galt es, die Jubiläen der drei Partnerstädte vorzubereiten. Im kommenden Jahr ist Marl genau 50 Jahre mit Creil und 30 mit Pendle verschwistert. Pendle und Creil ihrerseits pflegen bereits seit 50 Jahren eine Städtepartnerschaft.
Auf dem Besuchsprogramm standen weitere Begegnungen und Gespräche. Sehr interessant war der Besuch von „YES“, einem Begegnungs- und Beratungszentrum für arbeitslose junge Menschen und Schulverweigerer. Dort trafen wir auf sehr engagierte Mitarbeiter der Gemeinde Pendle. „YES“ bietet unter anderem eine Fahrradwerkstatt an, PC- und Musikkurse, sportliche Aktivitäten wie Boxen und vieles mehr. Dabei arbeitet man eng mit dem örtlichen Jobcenter zusammen, denn am Ende steht die Absicht, die jungen Menschen in ihrer Lebenslage zu stabilisieren und eine berufliche Perspektive zu vermitteln.
Weiter besuchten wir eine örtliche Schule, in der unter einem Dach Regelschule und Förderschule für körperlich und geistig beeinträchtigte Schüler vereint. Dieses Model wird in Deutschland in dieser Form nicht praktiziert. Ein Rundgang und das Gespräch mit Lehrkräften gab einen guten Einblick in den Alltag der Schulgemeinschaft. Modellcharakter hat sicher auch das inklusive Cafe der Förderschule, was mit seinen Angeboten nicht nur den Schülern, sondern der gesamten Stadtgesellschaft offen steht.
Aufschlussreich auch das Treffen mit acht Bürgermeistern der Grafschaft Lancashire, etwa aus Burnley und Preston. Eine Region, die wie das nördliche Ruhrgebiet seit Jahren im Strukturwandel steht. War dort einst die Textil- und Kohleindustrie prägend und sorgte für Wohlstand, waren es bei uns Kohle und Stahl, die den Menschen Brot und Arbeit gab. Und eine Region, die einst die Wiege des Fußballs war in England, bekannte Teams wie Liverpool, Leeds, Burnley und die beiden Clubs aus Manchester haben dort ihr Zuhause. Auch hier eine Parallele zum Revier, wo Fußball einst so wichtig war wie die Religion….