Mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen richtet Bürgermeister Werner Arndt einen eindringlichen Appell an die Marlerinnen und Marler.
Liebe Marlerinnen und Marler,
Ende Januar 2020 erhielten wir die ersten Nachrichten und Informationen aus dem fernen Wuhan in China. Ein neuartiges Virus ging um die Welt. Nach nur wenigen Wochen erreichte es Deutschland, NRW, den Kreis Recklinghausen und die Stadt Marl. Corona veränderte unser Leben. Eine Lungenkrankheit, die unsere Welt lahmlegt – so etwas hätte sich zuvor kaum jemand vorstellen können.
Ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie stehen viele Menschen mit dem Rücken zur Wand. Mein besonderer Dank gilt allen, die im Gesundheits- und Pflegebereich, in den Schulen und Kitas, der Lebensmittelversorgung und den Blaulichtorganisationen Tag für Tag an vorderster Stelle gegen das Corona-Virus kämpfen. Die Menschen in systemrelevanten Berufsgruppen, in welchen Frauen einen besonders hohen Anteil haben, verdienen unsere uneingeschränkte Solidarität und vor allem eine faire und geschlechtergleiche Bezahlung.
Kinderbetreuung, Home-Schooling und Homeoffice: Der durch die Corona-Pandemie veränderte Alltag ist ein Stresstest insbesondere für Familien. Gerade Frauen schultern in der Krise weiter den größten Anteil der Arbeit in Haushalt und Familie. Auch gibt es mehr Gewalt zu verzeichnen in Familien und Partnerschaften. Angebote für Freizeit, Sport, Kultur oder Bildung? Fehlanzeige! „Corona-Pandemie“ wurde das Unwort des Jahres 2020, das Virus ein absolutes Dauerthema. Konkrete Hilfen zu unterbreiten und den Schutz vor dem Virus sicherzustellen bleiben eine große Herausforderung.
Doch so schwer die Situation auch sein mag, sie bringt die Menschen auch ein Stück näher zusammen: Gerade in den ersten Monaten der Pandemie erlebten wir in Marl eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger freuen sich bis heute über Unterstützung im Alltag, viele andere sind gern bereit zu helfen – beim Einkaufen, bei der Telefonseelsorge oder beim Gassi gehen mit dem Nachbarshund. Für den großen Zusammenhalt und das außergewöhnliche bürgerschaftliche Engagement in dieser schwierigen Zeit danke ich allen Marlerinnen und Marlern von ganzem Herzen.
Die Pandemie hinterlässt tiefe Einschnitte in das Leben der Bürgerinnen und Bürger. Kleine Betriebe und Solounternehmen fürchten um ihre wirtschaftliche Existenz, Arbeitnehmer in Kurzarbeit erleiden finanzielle Einschnitte oder müssen mit Jobverlust rechnen. Auch in der Stadtverwaltung hat Corona alles auf den Kopf gestellt. Von jetzt auf gleich mussten zum Schutz der Mitarbeiter hunderte Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet, Hygiene- und Desinfektionsmittel, FFP2-Masken sowie jetzt auch Schnelltests besorgt werden. Auch der Kommunale Ordnungsdienst wurde verstärkt, um das Einhalten der Corona-Regeln zu kontrollieren.
Eine städtische Hotline steht seit einem Jahr für Fragen rund um das Corona-Virus zur Verfügung. Auch die von mir ins Leben gerufene Hilfsbörse „Marl hilft“ ist seit Beginn der Pandemie eine echte Vermittlungsstelle, die vielen Menschen bereits eine wohnortnahe Hilfe ermöglicht hat. Nicht zu vergessen ist der Impf-Fahrdienst: Stadt, Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände und Vereine bieten in einer konzertierten Aktion den Marler Seniorinnen und Senioren ab 80 Jahre kostenfreie Fahrten zum Impfzentrum in Recklinghausen an – ein beispielloses Projekt kreisweit.
Doch bei allen kommunalen Bemühungen im Kampf gegen das Corona-Virus bleibt der Kreis Recklinghausen die zuständige Gesundheitsbehörde. Bund und Länder geben die Marschrichtung vor. Fest steht: Wir werden diese Krise nur gemeinsam meistern – über alle Parteigrenzen hinweg! Schwarze-Peter-Spiele bringen uns keinen Schritt vorwärts! Jetzt gilt es an einem Strang zu ziehen!
Mein besonderer Dank geht an die zahlreichen Ärzte und Pflegekräfte, den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und anderer Behörden. Ich danke auch denjenigen, die tagaus tagein in den Supermärkten und Geschäften, in den Kindergärten und Schulen, in Bussen, Bahnen, Banken, Friseursalons und Praxen dafür gesorgt haben, dass der Laden unermüdlich weiterläuft.
Und wie geht es jetzt weiter in der Pandemie? Nach einem Jahr Corona scheint vielen Menschen die Fantasie und Energie zu fehlen, um sich mit dieser Frage intensiver zu befassen. Die Bürger sind zermürbt und frustriert nach der langen Zeit der Einschränkungen. Doch mit den Impfstoffen gibt es einen Grund zur Zuversicht und damit die realistische Chance, das Virus in den Griff zu bekommen.
NRW hat die bislang geltenden Maßnahmen bis zum 28. März verlängert – mit vielen Öffnungsmöglichkeiten je nach Infektionslage. Im Gegenzug soll endlich mehr getestet und geimpft werden. Dieser Dreiklang aus Impfen, Testen und verantwortbarem Öffnen gibt mir Hoffnung. Die mehrtägige Aussetzung der Corona-Impfungen mit AstraZeneca hat leider auch für Marl Auswirkungen. Die an diesem Wochenende vorgesehene Impfung von gut 600 Mitarbeiterinnen unserer Kitas musste auf Ende März verschoben werden. Das ist für die Betroffenen durchaus ein bedauerlicher Rückschlag. Jedoch gibt es mit den Schutzimpfungen endlich ein Ziel, für das es sich lohnt, die zermürbenden Strapazen während der Corona-Pandemie auszuhalten.
Gleichwohl dürfen wir nicht zu früh in Euphorie verfallen. Mit Blick auf die aktuellen Infektionswerte müssen wir sehr behutsam vorgehen. Die Stadt wird gemeinsam mit Apotheken und weiteren Partnern ein Corona-Schnelltestzentrum in zentraler Lage einrichten. Ich kann alle Bürger nur dazu ermutigen, dieses kostenlose Angebot wahrzunehmen. Mit der engmaschigen Testung wollen wir erreichen, dass Fälle frühzeitig identifiziert und isoliert werden, um weitere Übertragungen zu vermeiden.
Liebe Marlerinnen und Marler, trotz der getroffenen Vorkehrungen bitte ich Sie: Beherzigen Sie weiterhin die Abstands- und Hygieneregeln sowie insbesondere die Maskenpflicht. Das lang ersehnte Licht am Ende des Tunnels wird heller. Doch wir dürfen jetzt bei der Corona-Bekämpfung nicht nachlassen. Denn die Virus-Mutation ist auch bei uns angekommen und könnte den Erfolg schnell zunichtemachen.
Marl ist bisher gut durch die Corona-Pandemie gekommen – auch dank Ihrer Vernunft und Ihres disziplinierten Verhaltens bei der Beachtung der Einschränkungen in den letzten Wochen und Monaten. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Gleichwohl sind wir in Gedanken bei den Familien und Freunden der Verstorbenen sowie in Sorge um diejenigen, die an Corona erkrankt sind und um ihre Gesundung oder ihr Leben kämpfen.
Jetzt liegt es an uns allen: Gemeinsam können wir mit Solidarität, Umsicht und Vorsicht daran mitwirken, dass die Inzidenzwerte sinken, die geplanten Lockerungen vorankommen und wir die Corona-Pandemie erfolgreich meistern.
Bleiben Sie gesund, Glückauf!