Zu einem intensiven Meinungsaustausch fuhr kürzlich eine kleine Delegation des Städtepartnerschaftsvereins Marl-Kusadasi e.V. in die türkische Partnerstadt an der Ägäis. Dabei wollte man bestehende Freudschaften vertiefen und neue schließen. Die Marler Delegation bestand aus dem Vereinsvorsitzenden, Bürgermeister Werner Arndt, seinem Stellvertreter Nuri Uzunuglu und den beiden Vorstandsmitgliedern Heike Lueg und Beatrix Ries. Von Pfingstmontag bis zum Tag der Abreise am Freitag warteten zahlreiche Begegnungen, Besuche und Gespräche auf die Vereinsvertreter.
Das soziale Kusadasi lernte man bei einem Besuch des städtischen Seniorenheimes und des hochmodernen, mobilen Pflegedienstes kennen, die jüngst eingerichtet wurden. Sehr aufschlußreich auch der Besuch bei KUSAKK, einer Kooperative von arbeitslosen Frauen in Kusadasi. Sie produzieren Tücher, Schals, Taschen und sonstige Textilien nach türkischer Volkskunst und vermarkten diese erfolgreich. Mit dem Behindertendorf verbindet den Städtepartnerschaftsverein seit langen eine tiefe Freundschaft. Hier überreichte Werner Arndt beim Besuch der Delegation im Namen des Vereins eine Spende für die soziale Arbeit der Elterninitiative an die Vereinsvorsitzende Canan Güler.
Im offiziellen Gespräch mit Bürgermeister Özer Kayali, seinen beiden Stellvertretern Ayse Serifoglu und Ferah Sürekci und den Verwaltungsverantwortlichen für Soziales, Schule, Jugend, Kultur, Sport und Städtebau wurden neue Partnerschaftsprojekte erörtert. Einig war man sich, die Begegnung von Schülern und Jugendlichen auch weiterhin zu fördern. Außerdem ist der Austausch von bildenden Künstlern beider Städte angedacht. Vor dem Hintergrund des 20-jährigen Jubiläums der Partnerschaft ist auch an gegenseitige Praktika von Verwaltungsexperten gedacht. „Wir wollen auch auf dieser Ebene voneinander lernen“ so die beiden Bürgermeister Özer Kayali (CHP) und Werner Arndt (SPD). Der obligatorische Besuch beim Stadtdirektor, dem Vertreter der türkischen Zentralmacht in Kusadasi, rundete den Tag ab.
Die Stadt Kusadasi steht aktuell vor großen Herausforderungen im Tourismus, beim Einzelhandel und in der Gastronomie. Das wurde in einem Gespräch mit Vertretern der Handelskammer KUTO deutlich. Allein die Zahl der Tagesgäste auf Kreuzfahrtschiffen ist um über 80% zurückgegangen. Neue Wege geht die Stadt Kusadasi in der Abfallwirtschaft. Für heimische Verhältnisse geradezu vorbildlich arbeitet der Recyclinghof Kusadasi bei der Mülltrennung. Davon konnte sich die Marler Gruppe beim Besuch vor Ort überzeugen. Beim gemeinsamen Abendessen mit Vertretern des örtlichen LIONS-Clubs um Präsidentin Berna Yilmaz wurde auch über das türkisch-deutsche Verhältnis im Wandel der Jahre reflektiert. Seit den Anfängen 1999 begleiten die LIONS die Partnerschaft zwischen Marl und der Stadt an der Ägäis aktiv.
Abschließend waren auch religiöse Fragen Thema des Meinungsaustausches. So wurde eine protestantisch-freikirchliche Gemeinde besucht. Der Austausch mit dem deutschen Pfarrer und Missionar Rudolf Klassen und seiner Frau Olga war hochinteressant für die vier Gäste. Vor dem Hintergrund des für die Muslime heiligen Fastenmonats Ramadan nahm die Delegation auch an einem traditionellem Fastenbrechen Iftar teil. Jeden Tag lädt Bürgermeister Özer Kayali rund 600 bedürftige Bürger zum gemeinsamen Iftar in den Gemeindesaal ein, eine schöne Geste. Beeindruckend auch das Gespräch mit Vehbi Aksit, dem Mufti von Kusadasi, religiöses Oberhaupt der Muslime in der Partnerstadt mit ihren 30 Moscheegemeinden.
Freitagmittag verließen Beatrix Ries, Heike Lueg, Nuri Uzunuglu und Werner Arndt bei strahlendem Sonnenschein und etwas Wehmut die schöne Partnerstadt an der Ägäis wieder. Gemäß der Partnerschaftsvereinbarung wurden wieder einmal Brücken gebaut statt Mauern errichtet. Besonders vor dem Hintergrund der belasteten deutsch-türkischen Außenpolitik sei die konkrete Begegnung zwischen den Menschen in Marl und Kusadasi unverzichtbar, waren sich die vier Marler schnell einig. „Verständigung klappt immer, wenn man es möchte. Verständigung hat mit Verstehen zu tun!“ zog Werner Arndt sein Fazit. Zum VolksParkFest am 3. Oktober wird eine fünfköpfige Delegation der Partnerstadt um Bürgermeister Özer Kayali und Ehefrau Nil zum Gegenbesuch nach Marl kommen.