Gestern fand im großen Ratssaal des Rathauses der traditionelle Wirtschaftsempfang der Stadt Marl statt, dieser wird in Kooperation mit dem Wirtschaftsclub durchgeführt. Knapp 300 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft folgten dem Ruf ins Rathaus. Der Empfang stand ganz im Zeichen der Digitalisierung. Der Blick der Redner wurde insbesondere auf die Frage gerichtet, welche Chancen der digitale Wandel heimischen Unternehmen und Betrieben bietet.
Referent des Abends war Christian Baudis, Ex-Chef von Google Deutschland. Er sieht die Märkte im digitalen Zeitalter vor fundamentalen Veränderungen. Firmenchef und Führungsverantwortlichen rät er: „Lernen Sie, in Daten zu denken!“ Beim Wirtschaftsempfang sprach der Digital-Unternehmer über die fünf Megatrends der Zukunft. „Ich freue mich sehr, dass Christian Baudis unserer Einladung nach Marl gefolgt ist“, sagte Bürgermeister Werner Arndt in Rahmen seiner Begrüßungsrede.
Gerade Marl und die Emscher-Lippe-Region „stecken mitten im Strukturwandel und sind sich ihrer Verantwortung bewusst“, so der Bürgermeister. Mit dem Futuristen habe man einen ausgewiesenen Experten gewinnen können, der seit vielen Jahren in leitenden Positionen in der europäischen Digitalbranche tätig sei. Die Idee, den Digital-Guru nach Marl zu lotsen, hatte der ortsansässige Tiefbauunternehmer Roland Wübbe.
In seinem unterhaltsamen wie informativen Impulsvortrag zeigte Baudis nachvollziehbar, dass der digitale Wandel nicht nur die Wirtschaftswelt, sondern unser gesamtes Leben in den nächsten 10 Jahren nachhaltig verändern wird. Big Data, künstliche Intelligenz, Sensorik, Robotik und Cyber-Sicherheit – als international tätiger Scout für ausstrebende Digital-Startups kennt Christian Baudis aus langer Erfahrung, wohin die digitale Reise geht. In vielen Bereichen sei Deutschland abgehängt im Vergleich zu den USA und Asien, im Bereich von Cyber-Sicherheit und Sensorik gehöre man aber zur Weltspitze.
Mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis verdeutlichte der Referent unter anderem, wie Apps, Sensoren und Roboter unser Leben bestimmen. „Nur wer sich digitales Wissen aneignet, wird bestehen“, glaubt der derzeit angesagte Sprecher. Besonders die US-Unternehmen Amazon und Google seien führend in der digitalen Welt. „Egal ob Industrie, Handel, Handwerk oder Dienstleistung“, so Baudis, „die Auswirkungen der Digitalisierung werden mehr oder weniger alle Branchen betreffen und umwälzen“.
Marls Bürgermeister Werner Arndt (SPD) geht es in Zukunft vor allem darum, „die Digitalisierung als Chance zu begreifen“. Marl sei eine Stadt des Wandels, hier sei eindrucksvoll zu sehen, was Wandel gestalten könne. Arndt: „Insbesondere die aktuellen Millionen-Investitionen im Chemiepark, die Ansiedlung der Metro Logistics, das Projekt gate.ruhr oder die Neugestaltung des Marler Sterns sind wichtige Meilensteine, die die Dynamik des Wandels sichtbar machen aber auch das Potenzial digitaler Möglichkeiten ausschöpfen“. Vor allem beim Zukunftsprojekt gate.ruhr sei das vorrangige Ziel, „eine zukunftsfeste digitale Infrastruktur aufzubauen“, um dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen. Auch die Digitalisierung in Schulen müsse jetzt „zügig vorangetrieben“ werden.
Uta Heinrich sprach für den Wirtschaftsclub Marl. Die hiesige Region dürfe nicht den wirtschaftlichen Anschluss an das Bundesgebiet verpassen, warb sie. Ziel müsse es weiterhin sein, „jede mögliche Fläche für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe nutzbar zu machen“. Heinrich forderte die Unterstützung der Landesregierung bei der Entwicklung von Gewerbeflächen. Die aktuelle sehr positive wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt lobte sie ausdrücklich.
Mit dem alljährlichen Wirtschaftsempfang vertieft die Stadt Marl den Dialog mit den vor Ort engagagierten Unternehmen und bietet ein Forum für den fachlichen Meinungsaustausch. So hatten die Teilnehmer*innen des Empfangs nach den Wortbeiträgen ausreichend Zeit haben, in ungezwungener Atmosphäre neue Kontakte zu knüpfen und intensive Gespräche zu führen. Holger Scheer und sein emsiges Team sorgten für die Bewirtung der Gäste mit Schnittchen und Getränken. Ein Dank geht an die Förderer der Veranstaltung und alle fleißigen Helfer*innen.